St. Laurentius Groß Kiesow

Symbiose zwischen Tradition und Moderne

„Kirche des Monats Februar 2017“ in Groß Kiesow

Nicht groß oder imposant ist sie zu nennen, trotzdem beeindruckt die St.-Laurentius-Kirche viele Besucher. Die „Kirche des Monats Februar 2017“ steht in dem vorpommerschen Örtchen Groß Kiesow, das - seinem Namen zum Trotz -, ebenfalls alles andere als groß ist. Rund 1200 Menschen leben dort, etwa 12 Kilometer von Greifswald entfernt; die kleine Backsteinkirche befindet sich ganz in der Mitte der Ortschaft. Schon von außen erzählt das Gebäude eine bemerkenswerte (Bau-)Geschichte: Der quadratische Chor aus Feldsteinen wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut, Schiff und Ostgiebel im 14. Jahrhundert angefügt. Der Turm ist im Erdgeschoss mittelalterlich, die Obergeschosse wurden zunächst in Fachwerk errichtet, später mit Backstein ummantelt.

„Wir schließen die Tür eigentlich nie ab.“

Pfarrer Andreas Schorlemmer

Anders als andere Kirchengebäude ist St. Laurentius täglich geöffnet. „Wir schließen die Tür eigentlich nie ab“, sagt Pfarrer Andreas Schorlemmer. Davon profitieren die Dorfbewohner, aber auch Touristen und Pilger. Das Gästebuch zeugt von der Überraschung vieler Besucher, nicht nur ob der offenen Kirche, sondern insbesondere im Blick auf ihr Aussehen im Inneren.

Die mittelalterliche Anmutung des Kircheraums – der Chor wird von einem Rippengewölbe mit floralen Motiven überspannt, das Kirchenschiff zeigt Malereien aus dem 17. Jahrhundert – wird eindrucksvoll kontrastiert durch dessen Gestaltung, die in großen Teilen von zeitgenössischen Künstlern vorgenommen wurde. Als Altar fungiert ein schlichtes Balkenkreuz; „sobald ein Mensch dahinter steht, ist dieser Altar belebt“, sagt Andreas Schorlemmer. Für die großen, wie Bäume in den Raum ragenden Leuchter habe er sich eine Woche lang mit einem Schmied in der Kirche eingeschlossen, berichtet der Pfarrer schmunzelnd, „jetzt ragen sie in das natürliche Licht der Fenster hinein und kombinieren so irdisches und göttliches Licht“.

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

Hospitalkirche St. Laurentius Groß Kiesow

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„Neue Kunst für alte Kirchen“ hieß die Parole Schorlemmers, mit der zehn Künstler in fünf Kirchen der Region wirkten. Seitdem ist der Taufstein in St. Laurentius ein mannshoher Findling, der mit Wasser umspült wird, und sieben mit Wachs betropfte Stelen ragen in den Chorraum – die erste in tiefem Schwarz, die anderen immer heller gestaltet, gemäß dem Titel des Kunstwerks „The Light ist Coming into the Dark“.

„Das muss man sich ansehen“, sagt der Pfarrer mit Nachdruck. Er selbst ist nach dem Studium in Greifswald in Vorpommern geblieben, seit mehr als 40 Jahren hält er Gottesdienste in St. Laurentius. Doch nicht nur er hat das Kirchlein mit seiner besonderen Symbiose zwischen Tradition und Moderne ins Herz geschlossen. „Wenn Hilfe gebraucht wird, kommen alle“, betont Andreas Schorlemmer, „es ist halt unsere Kirche“.

Und Hilfe wird gebraucht: Im Chor sind starke Risse erkennbar, auch das Dach ist schadhaft. Eine umfangreiche Sanierung der Dachkonstruktion wird in diesem Sommer beginnen. „Tonnenweise“, sagt Andreas Schorlemmer, „haben die Dorfbewohner hier schon Schutt beiseite geräumt, damit die Sanierung überhaupt stattfinden kann.“

Natürlich wird auch Geld gesammelt für die Restaurierung, die rund 432.000 Euro kosten soll. Die Stiftung KiBa stellt 15.000 Euro zur Verfügung. Die Gemeinde hat jahrelang für die Instandsetzung gespart, Benefizkonzerte und Kollekten für den Erhalt der Kirche organisiert. Auch das jährliche Kunstfestival mit seinen Hunderten Besuchern wirft immer etwas zugunsten von St. Laurentius ab. In diesem Jahr soll es sogar einen „Kunstfestweg“ geben, verrät Pfarrer Schorlemmer. Der knüpft an dem „Vater-Unser-Weg“ an, den es seit 2011 im Kirchspiel gibt: Sieben Findlinge sind mit den sieben Bitten des wichtigsten christlichen Gebets versehen, Stationen auf einem 20 Kilometer langen Rundweg, der an der Kirche beginnt und endet. „Auf diesen Weg wollen wir unsere Besucher beim nächsten Kunstfestival führen, jede Etappe wird dabei auch ein künstlerisches Element präsentieren“. Wie weit die Sanierung bis dahin fortgeschritten sein wird, ist ungewiss. Ganz sicher aber werden sich wieder viele beeindruckte Besucher in das Gästebuch von St. Laurentius eintragen.