St. Johannes zu Frömmstedt (Thüringen)
St. Johannes zu Frömmstedt (Thüringen)

Einfallsreichtum und Energie für St. Johannes

„KiBa-Kirche des Monats Mai 2022“ in Frömmstedt

„Wenn ich die Brautpaare frage, ob sie im sakralen Teil der Kirche getraut werden wollen oder lieber im modernen Kulturteil, dann entscheiden sie alle sich für den sakralen“, sagt Pfarrer Jens Bechtloff. Seit mehr als 30 Jahren ist er verantwortlich für inzwischen 15 Dörfer im Landkreis Sömmerda, und nicht nur an Feiertagen nimmt er wahr, wie wichtig die Kirchen für die Menschen sind. Das „zweigeteilte“ Gotteshaus St. Johannes im thüringischen Frömmstedt spielt dabei eine besondere Rolle; nicht nur, weil Brautleute dort zwischen traditionellem und funktionalem Festrahmen wählen können.

Zuallererst ist die aus Natursteinen errichtete „Kirche des Monats Mai 2022“ alt, sehr alt. 1344 tauchte ihr Name erstmals in einer Urkunde auf; die Bauformen des Turms, meint Bechtloff, könnten sogar auf ein Entstehungsdatum im 13. Jahrhundert schließen lassen. Kirchenschiff und Chorraum datieren auf das Jahr 1522, das 1727 erbaute Portal macht sich daneben geradezu modern aus.

Unglücklicherweise stürzte in den achtziger Jahren das Dach von St. Johannes ein. Von einem auf den anderen Tag war das Kirchenschiff eine Ruine. Gottesdienste konnten nur noch im unteren Teil des Turms gefeiert werden. Daraufhin ersann man die charakteristische Zweiteilung des Gebäudes: Bis heute bilden Turm und Chorraum (inklusive des aus dem Kirchenschiff geretteten historischen Holzaltars) den beliebten sakralen Teil der Kirche. Dieser ist durch eine Glastür mit dem westlichen Langhaus verbunden; die ehemalige Ruine trägt ein modernes Dach aus Glas und Stahl samt integrierter Photovoltaik-Anlage. „Hier finden Lesungen, Konzerte und Ausstellungen statt“, berichtet der Pfarrer. 

St. Johannes Frömmstedt

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Für die Ausstattung mit Solarzellen auf der Frömmstedter Kirche hat Jens Bechtloff den Thüringer Umweltpreis erhalten. Inzwischen sind weitere Kirchen in der Region nachgezogen. Der in Frömmstedt produzierte Strom, immerhin rund 8000 Kilowattstunden, wird überwiegend ins allgemeine Netz eingespeist. Aber auch Besucherinnen und Besucher von St. Johannes profitieren, zum Beispiel, weil die Kirchen-Energie auch in den „Godspot“ fließt, der sie mit kostenlosem WLAN versorgt. Und noch etwas hat sich die Gemeinde für ihre Gäste ausgedacht: eine Ladestation für E-Bikes. Denn St. Johannes liegt am Radwanderweg „Wipper-Unstrut“ und profiliert sich auch als Radfahrerkirche: Wer dort eine Pause einlegt, kann das Gebäude besichtigen, Geist und Körper also ebenso mit neuer Energie versorgen wie das Fahrrad.

Die Photovoltaik-Anlage, erinnert sich Jens Bechtloff, ist bei ihrer Anschaffung fast ausschließlich durch Spenden finanziert worden. Immer wieder ist die Gemeinde gefordert, ihre historische Kirche instand zu halten. Wie viel Geld dabei allein im Laufe seiner Amtszeit zusammengekommen ist, vermag der Theologe „kaum zu beziffern“. Auch in diesem Jahr besteht erneut Sanierungsbedarf, und diesmal drängt es besonders: „Der Turm bricht auseinander, die Haube ist vom Sturm heruntergeweht und es dringt Wasser ein.“ Die Gemeinde kann in dem betroffenen Teil des Gebäudes keine Gottesdienste mehr feiern. „Nicht mal die Glocken dürfen mehr läuten, weil das zu stark vibriert.“

Zum Glück hat die Versicherung finanzielle Mittel für die Sturmschäden zur Verfügung gestellt, damit ist ein Anfang gemacht. Insgesamt werden die anstehenden Sanierungsarbeiten im ersten Bauabschnitt rund 157.000 Euro kosten. Die Stiftung KiBa fördert sie mit 15.000 Euro. Dass die Frömmstedter die Maßnahmen an ihrer Kirche unterstützen, ist selbstverständlich, sagt der Pfarrer: „Alle ziehen hier an einem Strang!“ Nachdem zuletzt einige andere Kirchengebäude in der Regionalgemeinde zum Zuge kamen, ist St. Johannes „auf jeden Fall dran, da sind sich alle einig“. Wichtig ist Jens Bechtloff, dass die Gotteshäuser „nicht nur als Museen“ intakt gehalten werden. „Wenn niemand sie betritt, dann müssen wir die Kirchen auch nicht mühevoll herrichten. Wir brauchen Lebensräume!“ Nicht zuletzt aus diesem Grund hält er die mehrfache Nutzung von St. Johannes für ein Erfolgsmodell – auch, aber eben nicht nur für romantische Hochzeiten.