Die Nordfassade von St. Nicolai in Osterbirg (Sachsen-Anhalt) nach Abschluss der Arbeiten
Die Nordfassade von St. Nicolai in Osterbirg (Sachsen-Anhalt) nach Abschluss der Arbeiten

Ein gesichertes Erbe

Letzter Bauabschnitt zur Sanierung von St. Nicolai zu Osterburg abgeschlossen

Die Hansestadt Osterburg in der Altmark kann aufatmen: Ein weiterer, entscheidender Schritt zur Substanzerhaltung des bedeutendsten Sakralbaus, der St.-Nicolai-Kirche, ist erfolgreich abgeschlossen. Im Rahmen des 3. Bauabschnitts wurde die stark gefährdete Nordfassade des Kirchenschiffes saniert.

Bereits 2022 hatten die ersten Arbeiten im Rahmen akribischer Voruntersuchungen begonnen. Kernziel der dringend notwendigen Maßnahme war es, weitere Substanzverluste sowie Gefährdungen durch herabfallende Ziegel- und Mörtelstücke auszuschließen. Der dritte und letzte Bauabschnitt konzentrierte sich auf die Sanierung der Nordseite des Kirchenschiffes. Wie sich herausstellte, war hier das Ausmaß der Schäden erheblich größer als an der Südseite.

St. Nicolai besteht in weiten Teilen aus gotischen Backsteinziegeln im so genannten Klosterformat, im Sockel dagegen aus spätromanischem Feldsteinmauerwerk. Witterungseinflüsse hatten beides stark in Mitleidenschaft gezogen. Eindringende und gefrierende Nässe hatte tiefe Auswaschungen hinterlassen und die Verfugung von Ziegel- und Feldsteinmauerwerk drohte instabil zu werden.

Eine Mammutaufgabe

Beschädigte Ziegelsteine wurden ausgetauscht und fehlende Fugen ergänzt. Besonderes Augenmerk lag auf den Strebepfeilern, die an der Außenseite teils neu aufgemauert werden mussten. Eindringendes Regenwasser hatte hier immense Schäden verursacht.

Ein kritisches Sanierungsziel war die Behebung von Nässeschäden im Inneren und der Neubau der Regenwasserableitung. Bislang floss Wasser unkontrolliert über den Dachrand und belastete so Mauerwerk und Fenster. Nun wurde eine Regenrinne am Traufpunkt (dem unteren Abschluss des Daches) des Hauptdaches ergänzt. So genannte „Rinnendehner“ (thermische Ausdehnungsfugen) beugen Spannungen vor. Das Regenwasser wird durch Fallrohre in offene Rinnen geleitet, die aus hartem Gesteinspflaster (Grauwackepflaster) bestehen und in die städtische Kanalisation münden.

Zustand des Mauerwerks an einem Strebpfeiler vor der Sanierung

Zustand des Mauerwerks an einem Strebpfeiler vor der Sanierung

Nicht abgeführtes Regenwasser sorgt für gute Bedingungen für Moose, Farne und Flechten :-(

Nicht abgeführtes Regenwasser sorgt für gute Bedingungen für Moose, Farne und Flechten :-(

Schadhafte Ziegel werden bis auf halbe Steintiefe ausgetauscht

Schadhafte Ziegel werden bis auf halbe Steintiefe ausgetauscht

Besonders geschädigte Sockelbereiche

Besonders geschädigte Sockelbereiche

Strebepfeiler werden neu aufgemauert (links) und fehlende Formsteine aus ganzen Ziegeln mit der Steinsäge nachgebildet (rechts)

Strebepfeiler werden neu aufgemauert (links) und fehlende Formsteine aus ganzen Ziegeln mit der Steinsäge nachgebildet (rechts)

Ungebremst abstürzendes Regenwasser hat Dach und Mauwerk belastet (links) - Neuaufbau des Mauwerwerk mit Wandanschluss (rechts)

Ungebremst abstürzendes Regenwasser hat Dach und Mauwerk belastet (links) - Neuaufbau des Mauwerwerk mit Wandanschluss (rechts)

Fertige Regenrinnen am östlichen Grat über dem Chor

Fertige Regenrinnen am östlichen Grat über dem Chor

Instandgesetztes Rundbogenfenster in der Sakristei

Instandgesetztes Rundbogenfenster in der Sakristei

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Auch die Sanierung der Verglasungen war unumgänglich, denn Fensterrippen waren im Laufe der Zeit stark beschädigt. Es wurde viel Wert darauf gelegt, möglichst viel vom historischen Glas zu erhalten. Stark korrodierte Elemente wie äußere Deckschienen, Ösen und Keile wurden durch säurebehandelten Edelstahl ersetzt. Damit lässt sich Stahl optisch dem Glanz und der Farbe der Bleiprofile angleichen. Im Zuge der Schlosserarbeiten wurden außerdem die schmiedeeisernen Gitter der Sakristeifenster rekonstruiert und gesichert.

Rund 300.000 Euro hat dieser Bauabschnitt gekostet, die Gesamtmaßnahme war auf 1,3 Millionen Euro projektiert. Die Stiftung KiBa begleitet St. Nicolai seit 2020 und hat seitdem 45.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Historische Wurzeln

St. Nicolai ist nach Nikolaus von Myra benannt. Vermutlich um 1170 ließ Graf Albrecht von Osterburg den Grundstein für eine erste Kirche legen, eine spätromanische Basilika in Kreuzform aus Feldsteinen. Weil genau urkundliche Belege für Bau oder Umbau aus der Zeit vor Ende des 15. Jhds. fehlen, ist man hier jedoch auf architektonische Begebenheiten der Kirche selbst angewiesen. Aus ihnen lässt sich jedoch einiges schließen: Mitte des 13. Jhds. wurde St. Nicolai zu einer dreischiffigen Hallenkirche umgebaut. Osterburg war damals Mitglied der der Hanse. Die Transformation zur gotischen Hallenkirche lässt sich heute noch am Grundriss ablesen. Gotische Merkmale wie Strebepfeiler, Spitzbögen und Kreuzrippengewölbe prägen das Erscheinungsbild.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die St. Nicolai beschädigt. Besonders verheerend war jedoch der große Stadtbrand von 1761. Zwei Drittel der Stadt fielen den Flammen zum Opfer. Auch die Kirche blieb nicht verschont und verlor ihre gotische Turmspitze sowie große Teile der Ausstattung.

Heute beherbergt die Kirche unter anderem die restaurierte Buchholzorgel von 1825, auf der regelmäßig Konzerte stattfinden. Die Gemeinde ist eine volkskirchlich geprägte Stadtgemeinde und ist sozial und kulturell sehr aktiv. Bemerkenswert ist die hohe Zahl junger Menschen, die sich für ihre Kirche engagieren. 

Hansestadt Osterburg: Zentrum der Altmark

Osterburg liegt in der Altmark in Sachsen-Anhalt, 25 Kilometer nördlich von Stendal am Zusammenfluss der Biese und Uchte und wurde 1157 erstmals urkundlich erwähnt. 1208 erhielt sie die Stadtrechte und war von 1436-1488 Mitglied der Hanse. Obwohl die Stadt im 17. und 18. Jahrhundert schwer durch Kriege und Brände getroffen wurde, entwickelte sie sich später zur Kreisstadt (von 1816 bis 1994).

Heute ist Osterburg auch als Spargelstadt bekannt. August Huchel gründete hier 1929 die Deutsche Spargelhochzuchtgesellschaft. Zu DDR-Zeiten gab es in Osterburg Zweigstellen der Rathenower Optischen Werke und der Schuhfabrik Roter Stern.